Digitaler Mehrwert für lokale Händler

„Dieses Projekt generiert für uns Händler einen echten Mehrwert“, freute sich Nicole Kost. „Daher sollte jeder Attendorner Händler und jede Attendorner Händlerin an DALES teilnehmen.“ Was die Inhaberin eines Wein- und Spirituosen-Fachgeschäfts in der Hansestadt ansprach, ist ein vom Land gefördertes Digitalisierungsprojekt für den Einzelhandel. Bei „Data Analytics für den lokalen Einzelhandel in einer zukünftigen Smart City“, so lautet der ausgeschriebene Titel von DALES, werden Kassen- und frei verfügbare WLAN-Daten datenschutzkonform ausgewertet, um den örtlichen Händlern und am Ende auch den Kunden einen Mehrwert zu bieten.

Alles begann Anfang 2018 mit dem zweiten Projektaufruf des NRW-Wirtschaftsministeriums „Digitalen und stationären Einzelhandel zusammendenken“. Dort bewarben sich das Forschungskolleg der Universität Siegen (FoKoS, Konsortialführung), die IHK Siegen und die statmath GmbH aus Siegen gemeinsam. Ziel ist es, den Einkaufsstandort Attendorn durch das Auswerten der Daten noch attraktiver für die Kunden zu machen. „Große Internetkonzerne sammeln Daten ohne Ende und kennen dadurch das Verhalten der Nutzer. Die örtlichen Händler kennen ihre Kunden in Person, sammeln und verwerten aber kaum deren bzw. die frei verfügbaren Daten“, merkt Christian Friedrich, Geschäftsführer der statmath GmbH, an. Zu den frei verfügbaren Daten gehören Daten wie Veranstaltungen, Wetter, aber eben auch Bewegungsdaten der Kunden im von den Attendorner Händler zur Verfügung gestellten „Freifunk“-WLAN-Netz. Zum 1. April 2019 konnte DALES starten. Seitdem erfolgen – wissenschaftliche – Vorbereitungen, erste Auswertungen von WLAN-Daten und Workshops mit den Händlern.

„Für uns war schnell klar, dass wir das Projekt mit Attendorn realisieren wollten“, erläuterte Ann Katrin Hentschel, Mitarbeiterin im Referat Einzelhandel der IHK Siegen. Nicht nur wegen des relativ flächendeckenden WLAN-Netzes, auch wegen der aktiven und recht großen Werbegemeinschaft. „Sie hat bereits 2015 bei der Einführung des Webkaufhauses unter Beweis gestellt, dass sie Neuerungen gegenüber aufgeschlossen ist.“ Zugleich fließe aus Attendorn viel der überdurchschnittlich vorhandenen Kaufkraft ab, die Kaufkraftbindungsquote liege bei nur 73,1 Prozent. Ann Katrin Hentschel: „Damit werden nur 73 Cent pro 1 Euro im Attendorner Einzelhandel ausgegeben.“ Entsprechend sollen die Händler durch DALES ihre Kunden besser kennenlernen, um ihnen möglicherweise bessere Angebote machen und sie frühzeitig auf diese hinweisen zu können.

„Kein Kunde muss fürchten, dass seine Daten missbraucht werden“, stellte Hans Christian Klein vom Forschungskolleg der Universität Siegen (FoKoS) klar. „Wir kommen nur an Daten, die die Kunden von vornherein anonymisiert zur Verfügung stellen.“ Ein Beispiel: Jedes Smartphone kontaktiere automatisch, sofern man die WLAN-Einstellung im Smartphone aktiviert habe, die nächst erreichbaren WLAN-Netze. Dieser Kontakt erfolge anonym. „Es ist also nichts Persönliches auslesbar“, verdeutlichte Hans Christian Klein.

„Uns interessiert auch nur, zu welchem Zeitpunkt sich wie viele Nutzer in welcher Reichweite eines bestimmten Routers befinden“, ergänzte Christian Friedrich. Aus einer längeren Untersuchungsreihe ließen sich dann Regelmäßigkeiten ableiten, auf die die Händler bereits im Vorfeld reagieren könnten. „So haben wir beispielsweise vor einigen Jahren klar aus Kassendaten eines großen Lebensmittelhändlers herauslesen können, dass an den Abenden, an denen die Fußball Champions League im frei empfangbaren Fernsehen übertragen wurde, mehr Knabbereien gekauft wurden.“ Sei dieses Beispiel zwar eher banal, bestätige es dennoch anschaulich ein ohnehin vorhandenes Bauchgefühl. „Es geht im Grundsatz um die Quantifizierung von Marketingeffekten und Sonderereignissen“, so Christian Friedrich. „Was verschafft den Händlern einen Mehrwert gegenüber ‚normalen‘ Tagen? Lässt sich ein veränderter Kundenfluss tatsächlich quantifizieren? Und wenn ich das Kundenverhalten nicht nur quantifiziere, sondern zudem noch analysiere, wie kann ich die Zahl der Kunden, die meinen Laden betreten, noch erhöhen?“

„Das FoKoS unterstützt hierbei, indem es erforscht, wie man mögliche Probleme löst, wenn man die Daten aus dem so genannten Urban Data Pool in kleinen und mittleren Kommunen nutzbar machen möchte“, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves die wissenschaftliche Beteiligung am Projekt. Das fange schon beim Auslesen der Daten derjenigen Händler an, die noch keine digitalen Kassensysteme nutzten. „Kann man deren Kassendaten auch ohne größere Probleme nutzen? Was müssen kleinere Kommunen tun, welche Infrastruktur müssen sie schaffen, um sich auf den Weg in Richtung Smart City zu machen und im ländlichen Raum nicht abgehängt zu werden?“ Antworten auf diese Fragen wird es, so hofft auch das NRW-Wirtschaftsministerium, spätestens im April 2021 nach dem Ablauf des Projektes geben.

Text: Universität Siegen

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