
David Klein (links), Zerspanungsmechaniker bei Dango & Dienenthal, erklärt Daniel Huck (rechts) eine Konstruktionszeichnung. Sie dient als Grundlage für die spätere Bearbeitung.
Daniel Huck ist 15 Jahre alt und geht derzeit in die neunte Klasse der Gesamtschule Eiserfeld in Siegen. Normalerweise beginnt sein Schultag um 7.55 Uhr. Kürzlich hieß es für ihn allerdings sehr viel früher aufstehen als sonst, denn an drei Tagen besuchte er die Dango & Dienenthal Maschinenbau GmbH in Siegen. Und da beginnt der Arbeitstag bereits um 6.00 Uhr.
Berufsfelderkundung nennt sich das, was Daniel Huck und weitere 60 der insgesamt 120 Mitschülerinnen und Mitschüler seiner Jahrgangsstufe an der Gesamtschule Eiserfeld in verschiedenen Unternehmen und Handwerksbetrieben absolvierten. Erste Einblicke in die Welt der Arbeit sollen so vermittelt werden, um die Jugendlichen besser auf ihre spätere Berufswahl vorzubereiten. Und damit sie nicht einfach nach Lust und Laune Berufsfelder erkunden, ist der Praxis die Theorie vorgeschaltet und die nennt sich Potenzialanalyse.
„Wir haben mit allen Schülerinnen und Schülern und einem externen Anbieter einen ganzen Tag lang die Stärken jedes einzelnen Jugendlichen herausgearbeitet und so die Grundlagen für die Berufsfelderkundungen gelegt. Aus organisatorischen Gründen konnten wir die erst Anfang der Klasse 9 durchführen. Zukünftig sollen sie aber auch in Jahrgangsstufe 8 stattfinden“, erläutert Florian Kraft, Lehrer sowie Studien- und Berufswahlkoordinator an der Gesamtschule Eiserfeld. „Bei den meisten Schülerinnen und Schülern passten die Ergebnisse der Potenzialanalyse. Wir sind mit dem Ablauf und den Resultaten daher sehr zufrieden.“
Die Plätze für die anschließenden Berufsfelderkundungen, insgesamt jeweils drei verschiedene für je einen Tag, haben sich die Schülerinnen und Schüler dann überwiegend selber gesucht. So war es auch bei Daniel Huck. „Mein Großvater hat mir von Dango & Dienenthal berichtet. Deshalb habe ich dort angefragt und eine Zusage bekommen.“ An drei Tagen durfte er in der Fertigung des mittelständischen Maschinenbauunternehmens Facharbeiter begleiten und live vor Ort die Berufsfelder Industriemechaniker, Zerspanungsmechaniker und Mechatroniker kennenlernen. „Das war sehr interessant. Ich könnte mir gut vorstellen, einen solchen Beruf zu erlernen.“ Vor allem der des Mechatronikers hat ihn besonders interessiert.
„Insgesamt hat die Suche der Schülerinnen und Schüler sehr gut funktioniert. Rund 90 Prozent haben sich die Plätze für ihre Berufsfelderkundungen selber besorgt. Bei den übrigen haben wir von Seiten der Schule mit Unterstützung der kommunalen Koordinierung geholfen. Auch die Klassenlehrer haben sich sehr engagiert“, so das positive Fazit von Florian Kraft.

Von links: Florian Kraft von der Gesamtschule Eiserfeld, Maik Schneider, Daniel Huck und David Klein waren mit der Berufsfelderkundung sehr zufrieden.
Für Dango & Dienenthal war die Anfrage eines 15-Jährigen für eine Berufsfelderkundung auch etwas Neues. „Wir bilden aus und haben auch den ein oder anderen Schülerpraktikanten, aber eine Berufsfelderkundung hatten wir bisher noch nicht. Deshalb haben wir uns im Vorfeld überlegt, wie wir Daniel einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Berufe geben können. Dabei war für uns die beste Lösung, ihn direkt mit in die Fertigung zu nehmen. Dadurch konnte er die täglichen Arbeitsprozesse und beruflichen Anforderungen in den verschiedenen Bereichen genau kennenlernen“, so Maik Schneider, verantwortlich für die Ausbildung im Unternehmen. Grundsätzlich hält er die Idee, die Jugendlichen möglichst früh auf die spätere Berufswahl vorzubereiten, für eine gute Sache. Allerdings könne in den Jahren bis zum Schulabschluss noch jede Menge passieren. „Die Jugendlichen entwickeln sich und verändern dabei auch häufig ihre Interessen und Vorlieben.“
„Nach der Potenzialanalyse sind die Berufsfelderkundungen der erste praktische Einstieg in die Berufswahlorientierung der weiterführenden Schulen. Sie sind keine Tagespraktika. Sie sollen den Schülerinnen und Schülern Eindrücke der Arbeitswelt vermitteln, Arbeitsabläufe deutlich machen und die berufliche Praxis näher bringen“, erläutert Hanni Leepile von der kommunalen Koordinierung beim Kreis Siegen-Wittgenstein. Sie ist zuständig für die Umsetzung des „Neuen Übergangssystems Schule-Beruf“ im Kreis Siegen-Wittgenstein. „In der Klasse 9 folgen dann wie gewohnt die Betriebspraktika. Und am Ende der Schullaufbahn soll jeder Schüler, jede Schülerin eine Empfehlung für die anschließende Berufswahl erhalten. Dokumentiert wird das Ganze in einem Berufswahlpass.“
Auch wenn die „ganz heiße Phase“ noch nicht angelaufen ist, in der alle Schulen mit ihren Achtklässlern an den Berufsfelderkundungen teilnehmen, sind die bisherigen Erfahrungen durchaus positiv. „Die Berufswahlorientierung der Jugendlichen wird kontinuierlich und wesentlich fundierter erfolgen. Davon profitieren nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Unternehmen, die ihre zukünftigen Fachkräfte früher und intensiver kennenlernen können“, so Hanni Leepile.
Um den organisatorischen Aufwand für die beteiligten Unternehmen und die Schulen gering zu halten, wurde ein online gestütztes Buchungsportal eingerichtet. Interessierte Unternehmen können sich unter: http://bfe.karriere-sw.de/login.php registrieren und Berufsfelderkundungsplätze zur Verfügung stellen. Die Schulen können sich hier ebenfalls registrieren und für ihre Schülerinnen und Schüler die passenden Plätze suchen und einbuchen. Weitere Informationen zum Thema Berufsfelderkundung gibt es unter: https://www.karriere-suedwestfalen.de oder direkt bei der kommunalen Koordinierung des Kreises Siegen-Wittgenstein. Ansprechpartnerinnen sind dort: Hanni Leepile, Tel. 0271-3331460 und Svenja Stahl, Tel. 0271-3331472.
„Kein Abschluss ohne Anschluss“
Seit Anfang 2012 führt das Land Nordrhein-Westfalen eine systematische und flächendeckende Berufsorientierung in allen allgemeinbildenden Schulen ein. Unter dem Motto: „Kein Abschluss ohne Anschluss“ sollen alle Schülerinnen und Schüler noch besser als bisher mit der Arbeitswelt vertraut gemacht und auf die spätere Berufswahl vorbereitet werden. Bereits in der 8. Klasse ist eine Potenzialanalyse mit anschließenden ersten Berufsfelderkundungen vorgesehen. Der Kreis Siegen-Wittgenstein wurde hierfür als eine von sieben Referenzkommunen ausgewählt. Über die kommunale Koordinierungsstelle, die im regionalen Bildungsbüro der Kreisverwaltung angesiedelt ist, wird die praktische Umsetzung organisiert.
„Wir haben es bereits geschafft, in allen weiterführenden Schulen Potenzialanalysen der Achtklässler durchzuführen. Schwieriger gestalten sich die Berufsfelderkundungen. Hier haben wir zunächst an einigen Schulen Probeläufe gestartet. Immerhin müssen wir für alle Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs rund 7.500 Plätze bereitstellen“, so Hanni Leepile von der kommunalen Koordinierung. In mindestens drei verschiedene Berufsfelder sollen die Jugendlichen jeweils einen Tag lang hineinschnuppern. Welche das sind, ergibt sich unter anderem aus den Ergebnissen der Potenzialanalyse. Dort werden nämlich die Stärken der Schülerinnen und Schüler und ihre Interessen herausgearbeitet.
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