Seit mehr als einem Jahr leben wir schon mit der Pan- demie, deren Ende nicht absehbar ist. Seit der glei- chen Zeit findet die Politik in Berlin und den Ländern keine Antworten mehr außer schließen, schließen, schließen. Die Auswirkungen dieser politischen Ent- scheidungen, beispielsweise für Unternehmen, wer- den dabei nahezu völlig ausgeblendet. Das milliar- denschwere Hilfspaket der Bundesregierung ist auch nicht die optimale Lösung, zumal es Monate dauerte, bis die Gelder flossen und bei Hotels, Gastronomen und anderen Betroffenen, die nicht gerade Lufthansa oder TUI heißen, angekommen sind. Ändert sich an der Vorgehensweise nichts, werden wir zukünftig im- merhin noch zum Urlauben, Einkaufen und Essen gehen ins Ausland fliegen können, wenn bei uns längst nichts mehr geht und viele Wirtschaftszweige schlichtweg zusammengebrochen sind. Darüber hinaus scheint es, als würden die Bundes- kanzlerin und die Regierungschefs der Länder aus- schließlich auf Virologen hören. Ein gutes Beispiel dafür ist die „Osterruhe“, die am 22. März 2021, kurz vor Redaktionsschluss dieses Jahresberichtes, be- schlossen wurde. Gründonnerstag und Karsamstag sollten wie Feiertage behandelt werden, sodass an fünf zusammenhängenden Tagen das Prinzip „Wir bleiben Zuhause“ gegolten hätte. Vom Grundsatz her eine gute Idee, allerdings hätte in der Industrie und in vielen weiteren Branchen nicht gearbeitet werden dürfen. Unzählige Fragen – angefangen von der Lohnfortzahlung bis hin zur Lage in den Betrieben – hätten jedoch, vom Tag der Bekanntgabe der Ent- scheidung bis hin zur Umsetzung, in der Kürze der Zeit nicht gelöst werden könnten. Es scheint, als sei die Frage nach den Kosten, die ein solcher, zusätzli- cher Feiertag verursacht, gar nicht gestellt worden. Anstatt auf den Rat von Virologen zu hören, hätten Frau Merkel und ihre Minister vielleicht einmal dieje- nigen zu Rate ziehen sollen, denen das Ausmaß be- kannt ist, wenn ein einfacher Wochentag kurzerhand zu einem Feiertag gemacht wird. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) liegt die gesamte Wertschöpfung an einem normalen Ar- beitstag bei rund zehn Milliarden Euro. Hätten die Bänder der Industrie am Gründonnerstag stillgestan- den, hätte dieser Feiertag – nach Auffassung von den IW-Experten – die deutsche Wirtschaft rund sieben Milliarden Euro gekostet. Vielleicht sogar auch etwas weniger, da ein Teil der Arbeit sicherlich nachgeholt würde und zudem viele Arbeitnehmer an dem Tag oh- nehin schon Urlaub genommen hätten. Doch glück- licherweise ist es gar nicht erst soweit gekommen, wie eine Aussage von Arndt G. Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmerverbände Nordrhein-Westfalens verdeutlicht: „Die Entschei- dung, die Beschlüsse zur Osterruhe zurückzuneh- men, ist uneingeschränkt richtig. Die Erklärung der Bundeskanzlerin verdient höchsten Respekt. Diesen Schritt sollten wir als Basis für ein neues gegenseiti- ges Vertrauen bei der Bekämpfung der Pandemie und der Bewältigung ihrer wirtschaftlichen und so- zialen Folgen nutzen.“ Corona-Krise führt viele Versäumnisse ans Licht Fehlende Konzepte von Bund und Ländern finden sich nicht nur im Bereich der Wirtschaft, sondern auch im Bereich der Bildung. Durch die Corona-Krise kommt daher jetzt vieles ans Licht, was seitens der Politik jahrelang versäumt wurde. Vielen Schulen fehlt noch immer der Zugang zu schnellem Internet und stationären Endgeräten. Einheitliche, digitale Lösun- gen, wie Lernplattformen oder Cloud-Angebote, feh- len ebenfalls. Hinzu kommt, dass nicht alle Lehrkräfte in der Lage sind, mit digitalen Werkzeugen zu arbei- ten und das, obwohl sie inzwischen mehr als ein Jahr Zeit hatten sich eingehender damit zu beschäftigen. Teilt man die Einschätzung von Nicola Brandt, der Leiterin des OECD Berlin Centre, so steht „Deutsch- land beim Angebot virtueller digitaler Bildung noch ganz am Anfang“. Das gelte insbesondere bei der Ausbildung der Lehrkräfte. Schließlich ginge es nach Brandts Auffassung beim digitalen Unterricht nicht nur darum, Arbeitsplätter auf Lernplattformen zu stel- len und die Kinder damit alleine zu lassen. In vielen Fällen sei, während der Schulschließungen im ver- gangenen Frühjahr, auch der Kontakt zwischen den Schulen und den Schülerinnen und Schülern abge- brochen. Schüler aus sozial schwierigen Verhältnis- sen laufen daher häufig Gefahr, beim Lernen Rück- stände zu entwickeln. Darüber hinaus ist der digitale Unterricht auch nicht unbedingt für alle Altersklassen gleichmäßig geeignet. Für Schülerinnen und Schüler der höheren Jahrgangsstufen mag das digitale Ler- nen eine Alternative sein, aber Jüngere benötigen si- cherlich noch die Anleitung durch eine Lehrkraft. 9 9