Zuwanderer besser und schneller qualifizieren

„Menschen, die aus anderen Staaten zu uns kommen, können unsere Wirtschaft und die Gesellschaft bereichern. Dies setzt allerdings voraus, dass wir ihnen hierzu noch mehr Chancen bieten.“ Dies betonte Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), angesichts der aktuell erneut geführten Zuwanderungsdebatte. Die Politik habe zwar in den letzen Jahren die Regelungen zur Arbeitsmigration mehrfach liberalisiert und vereinfacht. Hochqualifizierte etwa können seither nach Deutschland kommen, wenn mit einem Arbeitsverhältnis ein Bruttojahresgehalt von mindestens 48.400 Euro erzielt wird. Auch für beruflich Qualifizierte in Mangelberufen wurde die Beschäftigungsverordnung angepasst und eine „Positivliste“ eingeführt. In beiden Fällen wird auf die so genannte „Vorrangprüfung“ verzichtet. Klaus Gräbener: „Dies alles waren Schritte in die richtige Richtung, sie reichen jedoch aus Sicht der regionalen Wirtschaft nicht aus, um aus den Zuwanderern von heute die Fach- und Führungskräfte von morgen zu entwickeln. Wenn junge Migranten dauerhaft über eine betriebliche Lehre in das Beschäftigungssystem einmünden sollen, benötigen wir zusätzliche Instrumente. Niemand bietet diesen Menschen heute eine Lehrstelle an, wenn nicht sicher ist, ob sie morgen noch hier sind.“

Wenn man wirklich junge Einwanderer integrieren wolle, komme man nicht daran vorbei, auch für diesen Personenkreis die Vorrangprüfung zumindest in Engpassberufen abzuschaffen oder aber wenigstens regionale Differenzierungen zu erlauben. Was im Bayerischen Wald an Stellen knapp sei, könne schließlich in Wittgenstein im Überfluss vorhanden sein und umgekehrt. Daneben müssten Sprachkurse auch für Drittstaatler intensiver als bisher gefördert und ausländischen Studienabbrechern stärker als derzeit betriebliche Ausbildungsmöglichkeiten angeboten werden können. Auch sollten Jugendliche und Bewerber für Ausbildungsplätze frühzeitiger über die Lebenssituation in Deutschland informiert werden. „Daneben gibt es jedoch eine ganze Fülle an weiteren denkbaren Vereinfachungen“, ergänzte der für Fragen der beruflichen Bildung verantwortliche IHK-Geschäftsführer Klaus Fenster: „Ich denke dabei vor allem daran, dass wir die Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikationen mit inländischen Berufen frühzeitiger feststellen, die Einkommensgrenzen bei Hochqualifizierten weiter senken und Studienabsolventen deutscher Hochschulen die unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilen sollten.“ Auch mache es Sinn, verstärkt jungen, geduldeten Ausländern eine Ausbildung zu ermöglichen und ihnen danach eine Weiterbeschäftigung zumindest befristet zu erlauben.

Aber es gehe der IHK nicht allein um rechtliche Verbesserungen. In den gegebenen Strukturen benötige man häufig sehr lange, um an sich sinnvolle Dinge tun zu können. Im Berufsbildungszentrum (bbz) der IHK Siegen habe man im vergangenen November eine metalltechnische Berufsorientierung für Asylbewerber konzipiert. Die IHK habe zugesagt, das Vorhaben mit 50.000 Euro zu unterstützen, wenn das Land NRW die Co-Finanzierung übernehme. Dies habe Arbeitsminister Guntram Schneider zugesichert. „Die spontane Zusage des Ministers hat uns sehr beeindruckt. Leider mahlten die bürokratischen Mühlen danach jedoch langsamer als wir es uns erhofften, so dass ein Start frühestens im Mai gelingen kann – ein halbes Jahr nach der Ankündigung. Da hätten wir uns schon ein bisschen mehr Tempo gewünscht“, stellt Klaus Fenster fest, der Ideengeber für dieses Projekt.

Das Beispiel zeigt nach Auffassung der IHK auch, dass es nicht reicht, ausschließlich auf die Politik zu schauen. Viele Unternehmen engagieren sich denn auch selbst und installieren beispielsweise Patensysteme für neueingestellte ausländische Mitarbeiter, damit diese sich leichter zurechtfinden. Oder sie überprüfen ihr aktuelles Einstellungsverfahren, so dass Migranten Chancen erhalten, auch wenn sie vielleicht erst auf den zweiten Blick passen. Klaus Gräbener: „Viele in der Wirtschaft haben erkannt, dass Vielfalt hilft, nicht aber schadet. Den Menschen, die zu uns kommen, sollten wir jedenfalls die klare Botschaft vermitteln: Alle, die sich in unserer Region einbringen wollen, sind uns willkommen und erfahren unsere Unterstützung.“

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