Schaumbeton als Alternative für Styropor

Das Team des FiBB (v.l.n.r.): Jan Rebling, Philipp Riedel, Dirk Fröhlich, Gilles Muller, Kevin Metje, Matthias Schauerte, Prof. Dr.-Ing. Torsten Leutbecher, Katrin Schumacher, Dr.-Ing. Peter Wagner, Prof. Dr. rer. nat. Reinhard Trettin.

Unzählige Häuser sind in den vergangenen Jahren zur Wärmedämmung mit Styropor-Platten eingepackt worden. Das Problem: Laut einer EU-Verordnung gelten diese Platten seit dem 1. Oktober als Sondermüll – und müssen extrem aufwendig und teuer entsorgt werden. Eine mögliche Alternative zum Styropor wird aktuell am „Forschungsinstitut für innovative Baustoffe und Bauwerke“ (FiBB) der Uni Siegen erforscht: Schaumbeton ist ein neues Material, das in der Praxis bisher kaum angewendet wird. „Er besteht aus einer Wasser-Zement-Mischung, die mit Luft versetzt wird“, erklärt Dr.-Ing. Peter Wagner, wissenschaftlicher Mitarbeiter des FiBB. „Durch die eingeschlossenen Luftblasen hat Schaumbeton eine gute Dämmwirkung. Gleichzeitig handelt es sich um ein rein mineralisches und damit umweltfreundliches, problemlos zu recycelndes Material.“

Innovative Materialien und Bauweisen entwickeln – darum geht es bei vier großangelegten Forschungsprojekten, die aktuell am FiBB bearbeitet werden. „Experten aus der Bau- und Werkstoffchemie und aus dem Bereich Massivbau arbeiten dabei eng zusammen“, erklärt Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Torsten Leutbecher: „Wir untersuchen hier also nicht nur die Eigenschaften bestimmter Baustoffe. Wir entwickeln gleichzeitig auch Modelle, mit denen sich berechnen lässt, wie sich diese Stoffe in verschiedenen Konstruktionen verhalten.“ Eine solche Bündelung von Kompetenzen in einem Institut sei bundesweit eine Besonderheit, so Leutbecher. Das kommt auch bei der Bauwirtschaft gut an: Sechs Bauunternehmen aus der Region unterstützen das FiBB.

Die Forschungsergebnisse der WissenschaftlerInnen haben für die Industrie einen hohen Nutzwert. „Unsere Forschung ist häufig anwendungsorientiert“, erklärt Leutbecher. „Bei den meisten Projekten arbeiten wir mit Partnern aus der Bauwirtschaft zusammen.“ Ein Vorhaben beschäftigt sich zum Beispiel mit so genanntem „ultrahochfestem Beton“, einem extrem belastbaren, dichten und dauerhaften Material. Zusammen mit einem Unternehmen entwickeln die ForscherInnen am FiBB neue Rezepturen und Verarbeitungstechniken für diese besondere Art von Beton. „Wir prüfen, wie sich damit etwa marode Stahlbetondecken verstärken lassen“, sagt Peter Wagner. „Eine Möglichkeit ist, den Beton unter die Decke zu spritzen. Das ist mit ultrahochfestem Beton aber nicht so einfach – dafür braucht es spezielle Verfahren.“

Neben langfristigen Forschungsprojekten übernimmt das Institut auch Aufträge aus der Industrie – zum Beispiel analysieren die WissenschaftlerInnen Bauschäden. Auch dabei sei häufig Expertise aus unterschiedlichen Bereichen gefragt, erklärt Wagner: „Zeigen sich an einer Autobahnbrücke Schäden, kann das verschiedene Ursachen haben: Möglicherweise ist die Konstruktion fehlerhaft oder überlastet. Vielleicht wurde das Betongefüge aber auch durch äußere Einflüsse wie sauren Regen oder Streusalz angegriffen und ist deshalb nicht mehr stabil. Oder es wurden falsche Baustoffe für den Beton verwendet, die nun ungünstig chemisch reagieren.“ Am FiBB werden solche Schäden ganzheitlich beurteilt: ExpertInnen für Baukonstruktionen und Baustofftechnologie arbeiten Hand in Hand um das Problem in seiner Komplexität zu erfassen. Der Vorteil: Die Wege sind kurz, Ergebnisse liegen schnell vor.

Für die regionale Bauwirtschaft ist das FiBB aber nicht nur aufgrund solcher Dienstleistungen oder konkreter Forschungsergebnisse von Bedeutung. Die Unternehmen brauchten dringend qualifizierten Nachwuchs, sagt Annette Hering, geschäftsführende Gesellschafterin der Firma Heringbau und Mitbegründerin der „Initiative Bauwirtschaft Südwestfalen“: „Gute Köpfe bekommen wir nur, wenn wir unsere Branche hier in der Region attraktiv machen. Dazu brauchen wir eine Forschungsplattform wie das FiBB.“ Das Forschungsinstitut trägt entscheidend dazu bei, das Bauingenieurwesen an der Universität Siegen zukunftssicher zu machen, meint auch Institutsleiter Leutbecher. Der Auftrag gehe aber über die Region hinaus: „Wir erforschen, womit und wie in Zukunft gebaut wird – und welche Entwicklungen nötig sind, damit der Innovationsstandort Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt.“

2 Kommentare zu "Schaumbeton als Alternative für Styropor"

  1. Sehr geehrte Damen und Herren
    gibt es schon Ergebnisse Ihrer Forschungen bezüglich Schaumbeton als Ersatz für Styropor. Insbesondere interessieren mich die bisher erreichten Wärmeleitzahlen, da wir uns schon seit Jahren mit der Befüllung von Ziegeln mit Schaumbeton befassen. Uns kommt es nur auf die Formbeständigkeit des erhärteten Schaumbetons und eine niedrige Wärmeleitfähigkeit an. An die Druckfestigkeit werden keine Anforderungen gestellt. Vielleicht können sie mit mir in den nächsten tagen Kontakt aufnehmen
    mit freundlichen Grüßen
    Hubert Thater

  2. Guten Morgen,

    in der besonders leichten Ausführung wird dem Schaum lediglich Zement zugemischt. Kann statt dessen bis zu einem bestimmten Anteil auch Flugasche als Zemetersatz aus Braunkohlekraftwerken zugesetzt werden? Das würde CO2, das bei der Zementproduktion entsteht, ersetzen.

    Vielen Dank.

    MfG

    Volker Burghardt

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