Krane können online konfiguriert werden

Im Bild die Montage des Hebezeugs an einem Kran-Ausleger. (Foto: Gesamtmetall/Pit Junker)

Wenn im Stahlwerk der Peiner Träger GmbH an zwei zentralen Elektroöfen Elektroden gewechselt oder schweres Gerät für Reparatur- und Wartungsarbeiten bewegt werden müssen, kommt ein besonderer, fest installierter Schwenkkran zum Einsatz. Dessen Standsäule kann nicht nur teleskopartig bei voll ausgelasteter Tragfähigkeit um bis zu zwei Meter hoch- oder heruntergefahren werden, sondern er kommuniziert darüber hinaus auch mit anderen Anlagen. So stimmt er mit dem großen Brückenkran in der Halle die Fahr- und Schwenkwege ab oder holt sich die Einschaltfreigabe der Elektroöfen.

„Die technischen Finessen dieses Krans“, sagt Klaus Vetter, „sind weitab vom Alltäglichen.“ Es ist allerdings auch nie das Alltägliche gewesen, das die Vetter Krantechnik GmbH aus Siegen in ihrer 126-jährigen Geschichte angetrieben hat. Der Erfolg des mittelständischen Familienunternehmens beruht unter anderem auf stete Investitionen in Forschung und Entwicklung „und dem Mut“, wie der Geschäftsführende Gesellschafter, Klaus Vetter betont, „immer wieder Neues zu wagen“. Das hat letztlich dazu geführt, dass das Unternehmen Marktführer bei Schwenkkranen geworden ist.

Schweißarbeiten per Hand an einem Kransegment für schwerere Lasten. (Foto: Gesamtmetall/Pit Junker)

Schweißarbeiten per Hand an einem Kransegment für schwerere Lasten. (Foto: Gesamtmetall/Pit Junker)

Diese Krane werden vor allem in der industriellen Produktion eingesetzt, haben in der Regel eine Säule, die im Boden verankert ist und von der, wie bei einem Galgen, ein Arm rechtwinklig absteht. An diesem Ausleger ist dann das sogenannte Hebezeug (eine Art Winde) befestigt, das die Lasten mit Ketten oder Stahlseilen bewegt. „Krane und Hebezeuge“, sagt Vetter, „gehören zu den am meisten unterschätzten Faktoren in der Produktion. Denn das sichere und ergonomische Handling von Material, Rohlingen und Werkstücken hat einen wesentlichen Einfluss auf die gesamte Prozesskette.“ Die Auswahl der richtigen Kranmodell und Hebezeuge sei deshalb „keine triviale Aufgabe“, da sie letztlich mehr können müssten, als eine Last lediglich an einem Ort anzuheben und am anderen Ort wieder abzusetzen. „Unser Prinzip ist es daher“, so Vetter, „krantechnische Lösungen mit den Kunden gemeinsam zu erarbeiten und diese von der Projektierung bis hin zur Inbetriebnahme und dem längerfristigen Service zu begleiten.“ Das sei besonders dann wichtig, wenn es sich um sicherheitsrelevante Einsatzgebiete handelt, wie beispielsweise im Offshore-Bereich der Mineralöl- und Gasindustrie.

Mit sicherheitsrelevanten Teilen hat das Unternehmen eine jahrzehntelange Erfahrung. Denn als im Jahr 1889 der damals 23-jährige Schmiede-Meister Arnold Vetter seine „Fabrik für Eisenkonstruktionen“ gründete, war der Bergbau sein wichtigster Kunde. Stellte er anfänglich Handwerkszeug für Bergleute her, machte er bald mit der Entwicklung eines kippbaren Förderwagens, der sogenannten Kipplore, von sich Reden. Rund 48.000 Stück produzierte das Unternehmen in den darauffolgenden Jahrzehnten. Später kamen noch Förderkörbe aller Größenordnungen dazu. „Im europäischen Bergbau“, sagt Vetter, „kannte uns jeder.“

Mit dem Niedergang des Bergbaus in Deutschland und Europa, seit den 1960er Jahren, geriet das Siegener Unternehmen in eine echte Krise. „Wir brauchten dringend neue Produktideen und entwickelten die ersten eigenen Werkstattkrane“, erzählt Klaus Vetter, der damals bereits das Unternehmen leitete. Mehr durch Zufall, erinnert sich der mittlerweile 75-jährige Firmeninhaber, sei man zu einer zweiten Produktgruppe gekommen. So hätte eines Tages ein Nachbar vorbeigeschaut und darum gebeten, ob man ihm nicht in der vorhandenen Schmiede den abgebrochenen Zinken eines Gabelstaplers reparieren könnte. „Das konnten wir natürlich“, sagt Vetter, „und hatten gleichzeitig die Idee, Gabelzinken für die Gabelstaplerindustrie herzustellen.“ Heute sind Gabelzinken die zweite wichtige Produktgruppe und werden von großen und bekannten Stapler-Herstellen bei der Vetter Umformtechnik GmbH im fünf Kilometer entfernten Burbach bestellt.

Zuschnitt eines Rohrs für eine Kransäule. (Foto: Gesamtmetall/Pit Junker)

Zuschnitt eines Rohrs für eine Kransäule. (Foto: Gesamtmetall/Pit Junker)

Das Hauptprodukt der Vetter Krantechnik GmbH sind nach wie vor Schwenkkrane. Aktuell hat Vetter, unter Einbeziehung der Lizenznehmer, weltweit über 100.000 Schwenkkrane verkauft und installiert und ist damit führend im Markt. „Diese Stellung“, sagt der Senior-Chef, „haben wir uns hart erarbeitet.“ Dazu gehöre vor allem die Entwicklung eines Komponentensystems, das den Leitsatz verfolgt: Mit wenigen Teilen möglichst viel abdecken. „Wir fertigen nicht einzelne Schwenkkrane am Stück“, sagt Vetter, „vielmehr werden diese, ähnlich wie in der Automobilindustrie, aus vorgefertigten Komponenten zusammengebaut, die wir in hohen Stückzahlen kostengünstig herstellen können.“ Letztlich sei es jedoch eine Vielzahl von kontinuierlichen, kleinen Verbesserungen, die die Krane für Anwender so interessant machen würden. Dazu gehören unter anderem spezielle Grundplatten, die direkt auf dem jeweiligen Hallenboden verschraubt werden können, ohne dass aufwendige Fundamentarbeiten anfallen.

Für die Zukunft sieht der Firmenchef das Unternehmen gut gerüstet. Neben den Standardkranen seien es vor allem Spezialsysteme für die Öl-, Gas- und Offshore-Industrie sowie sogenannte Lastwendegeräte, mit denen sperrige und bis zu 200 Tonnen schwere Teile gehoben und gedreht werden können, die zunehmend gefragt würden. Zudem hat der Senior-Chef frühzeitig einen Generationswechsel vollzogen und die Verantwortung und Beteiligung an die nächste und teilweise übernächste Generation übertragen. In Haiger, direkt an der A 45, wurde zudem ein völlig neues Kranwerk errichtet. Nachwuchssorgen kennt Vetter ebenfalls nicht. Jedes Jahr bewerben sich Hunderte von jungen Leuten um die Ausbildungsplätze. „Wir haben einen guten Ruf und gelten als äußerst innovativ“, sagt Vetter, der betont, dass auf der anderen Seite auch viele, längst pensionierte Fachkräfte, häufig noch als Berater tätig sind.

Auf der Grundlage des Komponentensystem, hat das Unternehmen eine Software in Form eines Konfigurators entwickelt, die es Kunden in aller Welt via Internet ermöglicht, ihre eigenen Krane zusammenzustellen. Diese erhalten so ihr ganz persönliches Angebot inklusive der Zeichnungen. Mit einer kleinen Einschränkung: Sonderanfertigungen, wie der Teleskopkran für das Stahlwerk, fallen nicht darunter. „Da“, so Klaus Vetter, „sind nach wie vor unsere Spezialisten gefragt“.

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