Generationswechsel bei Gontermann-Peipers

Fritz Spannagel (rechts) reichte das Hüttenfeuer als Symbol für die Kontinuität in der Ge­schäftsleitung und für den Erfolg des Unternehmens weiter an seinen Sohn Frieder.

Wenn ein langjähriger Chef geht, wird seine Verabschiedung häufig in ei­nem festlichen Rahmen zelebriert. Der Generationswechsel bei Gontermann-Peipers (GP) wurde Mitte Juli unter dem Titel „Schlüsselübergabe“ gemeinsam mit 90 Führungskräften, Nachwuchsführungskräften und den Gesellschaftern im Haus der Siegerländer Wirtschaft begangen.

Fritz Spannagel, war An­fang Juli 2016 nach über 30 Jahren aktiver Geschäftsführertätigkeit und als Vertreter der sechsten Gesellschafter-Generation in den Aufsichtsrat des Siegener Gießerei-Un­ternehmens ge­wechselt. Als Geschenk der Belegschaft be­kam er zum Ab­schied eine stählerne Feuersäule übergeben, deren Flamme vom Be­triebsrat entzündet wurde. Feuer als Symbol dafür, dass die Tradition des 2000-jährigen Hüttenfeuers im Siegerland mit dem Schmelzen und Gießen von Eisen und Stahl bei GP fortgesetzt wird. Und natürlich geschah das auch im Bewusstsein, dass ein Feuer von den Menschen, die es nutzen, gut behütet und immer wie­der neu genährt werden muss.

Im Mittelpunkt des Abends standen Fritz Spannagel, Jahrgang 1946, und seine Verdien­ste. Er hatte nach dem frühen Tod seines Vaters mit 20 Jahren die Geschäftsführung eines von seinem Urgroßvater 1875 ge­gründeten Großhandels übernommen. 1977 brachte er dieses Unternehmen in einen größeren Verbund ein und blieb bis 1985 in leitender Funktion in der Lebensmittelbranche. Be­reits in den 70er Jahren wurde er als Vertreter der Familie seiner verstorbenen Frau Christa Spannagel, geb. Kühn, in die Aufsichtsgremien der Gontermann-Peipers GmbH delegiert, wo er erste Einblicke in das traditionsreiche Siegerländer Industrieunternehmen gewann. Vor diesem Hintergrund ergab sich für Fritz Spannagel die Möglichkeit, am 1. Juli 1985 in die Geschäftsführung von GP einzutreten und damit seinen be­ruflichen Wechsel vom Handel in die Industrie zu vollziehen.

Sein Hauptanliegen war es seitdem, das Unternehmen mit seinen beiden Werken für den globalen Wettbewerb „fit“ zu halten – eine nie endende und anspruchsvolle Aufgabe, deren Lösung Kontinuität und gleichermaßen Veränderungsbereitschaft bei allen Beteiligten voraussetzt. „In all den Jahren herrschte entweder Hochkonjunktur oder Unterauslastung, eine Normalauslastung gab es in unserer Branche quasi nie. Darüber hinaus sind wir seit einigen Jahren von strukturellen Veränderungen im weltweiten Stahlmarkt betroffen, welche auch GP als Zulieferer vor besondere Herausforderungen stellen. Wenn wir in all den Jahren unsere Werke nicht stark verändert hätten, stünden wir heute nicht so gut da“, be­tont Fritz Spannagel.

Beispiele dafür gibt es viele: So wurden in den letzten 30 Jahren über 200 Mio. Euro in die beiden Siegener Standorte investiert. Das Werksgelände in Kaan-Marienborn wurde im Zuge des Ausbaus des Kichtaler Wegs arrondiert und stark umgestaltet. Im Werk Hain verlagerte man den Schmelzbetrieb auf die andere Straßenseite, ferner modernisierte man die Stranggussfertigung und übernahm das benachbarte ehemalige Kabelschlepp-Gelände.  Darüber hinaus wurde der Gesellschafterkreis unter der Regie von Fritz Spannagel in mehreren Stufen „stark konsolidiert“, von einst weit über 50 Personen auf nunmehr ein Dutzend. Unternehmenspolitisch war dies ein bedeutender Schritt, um die auseinander driftenden Interessen im Ge­sellschafterkreis neu zu bündeln.

Leuchtendes GP-Logo aus 200 brennenden Teelichtern in Strangguss-Fassungen und Fritz Spannagel im Gespräch mit Mitarbeitern.

Leuchtendes GP-Logo aus 200 brennenden Teelichtern in Strangguss-Fassungen und Fritz Spannagel im Gespräch mit Mitarbeitern.

Zum „Kulturwandel“ bei GP trug u.a. auch das 1998 eingeführtes Ergebnis-Beteiligungsmodell bei, wodurch bis heute über 20 Mio. Euro an die Belegschaft ausgeschüt­tet werden konnten. Gleichzeitig wurden Transparenz und Offenheit in der Kommunikation von Fritz Spannagel groß geschrieben. Durch die monatliche Ergebnisbeteiligung für alle Tarifmitarbeiter, gepaart mit den quartalsweisen Er­gebnis-Informations-Runden wuchs das Interesse der Belegschaft an der wirtschaftlichen Lage von GP und die Identifikation mit der Firma.

Dennoch befindet sich GP in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. In der gesamten Walzen- und Gießereiindustrie findet zurzeit ein Ausleseprozess statt: „Im kräftigen Sturm bleiben nur die Bäu­me stehen, die gleichermaßen stark und biegsam sind“, zieht Fritz Spannagel einen Vergleich. Bei GP rechne man sich u.a. „dank der finanziellen Unabhängigkeit“ gute Chancen aus, auch in Zu­kunft erfolgreich am Markt zu bestehen. Dennoch bedürfe dies großer Anstrengungen und anhaltender Veränderungs­bereitschaft bei allen Be­teiligten.

Der Generations-Wechsel an der Unternehmensspitze wurde von langer Hand geplant, um die Kontinuität und Verlässlichkeit im derzeit schwierigen Marktumfeld sicherzustellen. Frieder Spannagel, Jahrgang 1975, einer der Söhne von Fritz Spannagel, hatte zunächst sechs Jahre bei der SMS Group Branchenerfahrung gesammelt, ehe er Anfang 2009 als Prokurist zu GP wechselte. Seit 2012 verantwortet er als Geschäftsführer die kaufmännischen Zentralbereiche von GP.

An seiner Seite stehen Dr. Hartmut Jacke, verantwortlich für das Werk Marienborn, und Dr. Bernd Hofmann, zuständig für das Werk Hain, beide seit geraumer Zeit fester Bestandteil der GP-Geschäftsführung, so dass auch hier Kontinuität gegeben ist. „Wir sind uns be­wusst, was unsere Vorgänger-Generationen zusammen mit der Belegschaft aufgebaut und teilweise über schwierigste Zeiten aufrechterhalten haben. Un­sere Aufgabe ist es, GP als vitales Unternehmen an die nächsten Generationen weiterzugeben“, bringt Frieder Spannagel seine Philosophie auf den Punkt.“

Im Verlauf des Abends wandert das Hüttenfeuer als Kerzenflamme von der sechsten zur siebten Generation. Ge­meinsam mit den Herren Dr. Jacke und Dr. Hofmann entzündet Frieder Spannagelt schließlich ein Firmenlogo, bestehend aus 200 Teelichtern in Strangguss-Fassungen, ge­fertigt im Werk Hain. Das Gießerei-Unternehmen GP leuchtet symbolisch auf. Die brennenden Lichter wurden später unter den Gästen verteilt – als Andenken an einen fröhlich-nachdenklichen Abend und als Sinnbild für das gemeinsame Feuer.

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