Der Schwung ist raus – Industrie- und Handelskammer Siegen legt Konjunkturbericht vor

konjunkturumfrage-ihk„Den Schwung vom Jahresanfang konnten wir leider nicht über den Sommer retten. Zum Herbstanfang trübt sich auch im IHK-Bezirk Siegen die Konjunkturstimmung ein“, so beschreibt IHK-Präsident Felix G. Hensel, Gustav Hensel GmbH & Co. KG, Lennestadt, die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Siegen, an der sich knapp 500 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung aus den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten.

Die Sorge, dass die internationalen Krisen nicht lokal begrenzt bleiben, sondern sich auf die weltweiten Absatzmärkte der Exportnation Deutschland auswirken, drückt die Stimmung. So wie zuletzt der ifo-Geschäftsklimaindex ist deshalb zum Herbstanfang auch der Konjunkturklimaindex der Industrie- und Handelskammer Siegen unerwartet stark zurückgegangen. Nach 122 Punkten im Januar fällt das regionale Konjunkturbarometer jetzt auf 106 Punkte, so Hensel. Das ist kein katastrophaler Einbruch, aber doch ein deutlicher Dämpfer. Es handelt sich offenbar um mehr als nur eine leichte wirtschaftliche Sommergrippe, die auch den Betrieben in Siegen-Wittgenstein und Olpe ins Haus steht, resümiert der IHK-Präsident. Die Betriebe schätzen sowohl ihre Lage, vor allem aber die Aussichten für das kommende Jahr schlechter ein als zum Jahresbeginn. Allerdings ist der Anteil der Unternehmen, die von einer gleichbleibenden Entwicklung ausgehen, immer noch sehr hoch. Insgesamt erwarten die befragten Unternehmen zwar keinen nachhaltigen und tiefen Konjunktureinbruch. Die Aussagen deuten aber auf einen deutlich ruhigeren Verlauf in den nächsten Monaten hin.

Vor allen Dingen die Krisen im Nahen Osten und in der Ukraine veranlassen viele Industrieunternehmen zu eher skeptischen Ausblicken. Zudem kommt die Konjunktur in wichtigen europäischen Abnehmerländern nach wie vor nur im Kriechgang voran, unterstreicht IHK-Hauptgeschäftsführer Franz J. Mockenhaupt. Garniert werde das Ganze mit einer aufkommenden deutlichen Unzufriedenheit vieler Unternehmer wegen der Gefahr weiter steigender Strompreise, der anhaltenden Diskussion um die Verteilung neuer sozialer Wohltaten, den Forderungen nach üppigen Lohnsteigerungen in den anstehenden Tarifrunden und nicht zuletzt dadurch, dass immer mehr Betriebe mit den Auswirkungen der maroden Verkehrsinfrastruktur kämpfen müssen.

Vor diesem Hintergrund entpuppen sich die Jubelmeldungen vom deutschen Export-Rekord zur Jahresmitte schnell als bloße statistische Dokumentation von Ergebnissen bereits längst erledigter Aufträge in den Betrieben. Für die Erwartung einer weiter aufwärts gerichteten Entwicklung ist die Auftragslage aber derzeit noch zu dünn, so Mockenhaupt.

Die Stimmung im Industriesektor schlägt jetzt auch bei den Unternehmen der Metallverarbeitung um. Im bisherigen Jahresverlauf war dies nur bei den Unternehmen des Großmaschinen- und Anlagenbaus festzustellen, die Investitionsgüter für die Stahlerzeugung oder –verarbeitung herstellen. Viele Hersteller, wie etwa aus dem Automobilzuliefererbereich, sind zwar nach wie vor gut beschäftigt. Sie rechnen aber mit einer Beruhigung der Entwicklung.

Der Industrieumsatz im IHK-Bezirk lag bis einschließlich Juli dieses Jahres leicht über dem des Vorjahreszeitraumes. Im Kreis Olpe, wo die Autozulieferer dominieren, gab es einen Zuwachs von sieben Prozent. Im Kreis Siegen-Wittgenstein, mit höheren Gewichten im Maschinenbau und in der Metallerzeugung, ging der Umsatz um mehr als drei Prozent zurück.

Die Verunsicherung der Unternehmen über die weitere Entwicklung legt sich wie Mehltau auf die Stimmung und damit auch auf die Investitionsneigung vieler Betriebe. Bemerkenswerterweise lässt vor allem das Investitionsklima bei den Inlandsinvestitionen nach. Die Investitionsabsichten an ausländischen Standorten hingegen nehmen zu. Bei den Motiven spielt nach wie vor die Erschließung von Auslandsmärkten eine entscheidende Rolle. Immer häufiger kommen aber auch die günstigeren Bedingungen an ausländischen Standorten in Betracht. Dabei werden vielfach die Energiekosten genannt.

Zu den Ergebnissen im Einzelnen:

Fast ein Drittel der Industriebetriebe melden eine gute Lage, nur 16 Prozent eine schlechte. 39 Prozent der Industriefirmen sind bis zur Spitze ausgelastet, etwas mehr als in Januar. Jeder dritte Industriebetrieb meldet Einbußen beim Auftragseingang aus dem In- und Ausland. Deswegen erwartet fast ein Viertel der Industrieunternehmen unterm Strich künftig ungünstigere Geschäfte. Die Mehrheit von 59 Prozent setzt immerhin auf einen stabilen Verlauf.

In der Bauindustrie stufen mit 42 Prozent fast so viele Unternehmen wie im Januar ihre Lage gut ein, bei 12 Prozent ist sie schlecht. Zwei von drei Firmen sind bis zur Spitze ausgelastet. Allerdings registrieren die Baubetriebe fallende Auftragseingänge. Auch saisonbedingt werden bald ungünstigere Rahmenbedingungen befürchtet. Im Ergebnis erwartet kein Baubetrieb künftig Zuwächse, 23 Prozent rechnen mit schlechteren Geschäften. Über drei Viertel bauen auf eine anhaltend auskömmliche Entwicklung.

27 Prozent der Einzelhändler beurteilen die Lage gut, etwas mehr als zu Jahresbeginn. Allerdings ist mit 24 Prozent auch der Anteil der Unzufriedenen gestiegen. Vor allem die Textil- und die Kfz-Händler hadern mit ihren Geschäften. Positivere Stimmen kommen eher aus dem Bereich Nahrungs- und Genussmittel. Das Kaufverhalten lässt unter dem Strich zu wünschen übrig. Ingesamt wächst auch im Einzelhandel die Zurückhaltung: Nur 22 Prozent der Händler erwarten bessere Geschäfte, fast ein Viertel dagegen schlechtere, etwa doppelt so viele wie im Januar.

Nicht mehr ganz ein Drittel der regionalen Großhändler melden eine gute Lage, sechs Prozentpunkte weniger als im Januar. Knapp ein Viertel urteilt „schlecht“, das sind doppelt so viele Firmen wie zu Jahresbeginn. Sowohl im produktions- als auch im konsumnahen Bereich stuft mehr als die Hälfte der Betriebe das Kaufverhalten der Kunden zurückhaltend ein. Infolgedessen sinken die Erwartungen deutlich. Über die Hälfte der Großhändler geht aber von einer stabilen Entwicklung aus.

Am besten schneidet noch das Dienstleistungsgewerbe ab. Mit 38 Prozent sind so viele Betriebe wie im Januar mit ihrer Lage sehr zufrieden. Nur 9 Prozent bewerten sie schlechter. Aber auch hier ist der Blick nach vorne skeptischer. Der Anteil der Pessimisten ist mit 17 Prozent spürbar gestiegen, auch wenn mit einem Viertel noch deutlich mehr Betriebe künftig bessere Geschäfte erwarten.

Der regionale Arbeitsmarkt entwickelte sich im Sommer dieses Jahres sehr solide: Die Arbeitslosenquote lag im September 2014 mit 5,2 Prozent etwas unter dem Vorjahreswert (5,4 Prozent). Die hohe Verunsicherung der Unternehmen wirkt aber auch auf die Einstellungspläne negativ: 16 Prozent der Betriebe befürchten Beschäftigungsrückgange, sieben Prozentpunkte mehr als zu Jahresbeginn. 17 Prozent planen mehr Einstellungen. Im Januar waren es indes noch 21 Prozent. Die große Mehrheit von zwei Dritteln der Firmen möchte die Mitarbeiterzahl konstant halten.

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